SCHATZTRUHE AM LECH

Die Kissinger Heide

Vergangenheit und Zukunft der Lechheiden

Vor der Regulierung des Lechs bedeckten großflächig zusammenhängende Trockenrasen die eiszeitlichen Schotterflächen im Lechtal. Begünstigt wurden diese offenen Lebensräume vom Menschen, der Weidevieh in die Wälder eintrieb oder diese rodete. Die Lechheiden sind somit auch ein Stück gewachsene Kulturlandschaft. Sie stellten einst die größten Heideflächen Süddeutschlands dar. Von diesen Flächen blieben nur einige Reste erhalten. Im Wittelsbacher Land sind dies die Kissinger Heide mit umliegenden Flächen, mehrere Magerrasen im Lechauwald westlich Sand, die Sander Heide sowie die Schaezler-Wiese. Heute wird versucht, diese inselhaften Filetstücke wieder zu verbinden. Mittels Oberbodenabtrag und Mähgutübertragung entstehen Korridore, entlang derer sich die heidetypischen Pflanzen zwischen den sonst isolierten Flächen wieder ausbreiten können.

Außergewöhnliche Florenvielfalt

Die Lage im Lechtal, welches seit jeher eine Wander- und Ausbreitungsachse zwischen den Alpen und der Donau darstellt, erklärt auch die außergewöhnliche Florenvielfalt der Kissinger Heide, welche schon seit vielen Jahrzehnten die Aufmerksamkeit namhafter Botaniker und zahlreicher Naturliebhaber auf sich zieht.

Vom Frühjahr bis in den Herbst hinein ist die Heide Schauplatz unterschiedlichster Blühaspekte. Nach langer Winterzeit gehören die Blüten der Gewöhnlichen Küchenschelle im März zu den ersten Frühlingsboten. Besonders attraktiv stellt sich die Heide dann im April dar, wenn der Stängellose Enzian mit seinen intensiv kobaltblauen Blüten bodennah die Fläche überzieht. Aufgrund ihres Orchideenreichtums - unter anderem drei Ragwurzarten - gilt für die Magerrasen auf der Kissinger Heide ein besonders hoher europarechtlicher Schutzstatus.

Der Reichtum an Saumstrukturen, die Verzahnung von offenen Heideflächen und Wald, ist mit ein Grund für das Vorkommen des Wald-Wiesenvögelchens, eines vom Aussterben bedrohten Tagfalters. Auch speziell an die Trockenheit angepasste Heuschrecken finden sich auf den weiten Magerrasen, so der Heidegrashüpfer oder der Schwarzfleckige Grashüpfer, dessen Vorkommen hier das einzige überhaupt bekannte darstellt.

Schutz einer wertvollen Kulturlandschaft

Die hier anzutreffende Artenvielfalt ist auch Ausdruck einer sorgsamen Pflege. Während die Heideflächen früher durch Wanderschäferei von Gehölzaufwuchs frei blieben, müssen die Lebensräume nun anderweitig offen gehalten werden. Diese Aufgabe übernahm zunächst der Bund Naturschutz, später auch die Untere Naturschutzbehörde und inzwischen der Landschaftspflegeverband. Das hochkarätige Arteninventar macht es erforderlich, gemäß eines fundierten Pflegeplans vorzugehen, der die Ansprüche der wichtigsten Arten integriert.

Der Freizeitwert und somit der Besucherdruck der Naturschutzgebiete am Lech ist hoch. Zum Schutz von Brutvögeln und Pflanzen müssen Besucherströme sinnvoll gelenkt werden. So wird das Wegenetz innerhalb der sensiblen Flächen weiter reduziert, Pfade werden gekennzeichnet.

Naturschutz beginnt bei jedem Besucher der Heide. Die wichtigste Regel heißt: „Verlassen Sie bitte keine Pfade“! Die Magerrasen weisen eine empfindliche, dünne Humusschicht auf, die durch Trittschäden mehr beeinträchtigt wird, als es den Anschein hat. Es versteht sich von selbst, dass Hunde an der Leine geführt werden. Auch sie gefährden die Heidevegetation
durch Tritte und Verkotung. Zudem können Bodenbrüter wie der Baumpieper gestört werden. Das Ausweiten der bestehenden Wege kann einfach verhindert werden, wenn das Mitschieben des Fahrrads unterbleibt. Das Pflücken, vor allem aber das Ausgraben von Pflanzen oder Zwiebeln ist verboten und wird mit Geldbußen geahndet.

Titelbild: Im April blüht das Heideröschen (Daphne cneorum). Foto: Stefan Gerstorfer

Bilder von oben nach unten:

Die Hundswurz (Anacamptis pyramidalis)
Das Brand-Knabenkraut (Orchis ustulata)
Die Hummel-Ragwurz (Ophrys holoserica)
Die Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea). Fotos Orchideen: Adolf Fischer

Die seltene, nicht giftige Schlingnatter profitiert von den trockenwarmen, halboffenen und strukturreichen Lebensräumen entlang des Lechs. Foto: Tobias Lermer

Die Krabbenspinne (Misumena vatia) ist ein flinker Schmetterlingsjäger. In der Blüte lauert sie ihren Opfern auf. Foto: Adolf Fischer

Die Blüten der Schneeheide (Erica carnea) gehören mit zu den ersten Farbtupfern im Heidejahr. Foto: Adolf Fischer

Der gefährdete Kreuz-Enzian (Gentiana cruciata). Foto: Siegfried Bless