BLAU BLÜHT DER ENZIAN

Blühende Kostbarkeiten in den Kissinger Bahngruben

Die Kissinger Bahngruben entstanden um 1840 mit dem Bau der Bahnlinie von Augsburg nach München. Der Kies für den Unterbau wurde direkt benachbart zur Strecke entnommen. Seitdem haben sich die künstlichen Rohbodenstandorte als wertvolles Rückzugsgebiet für hochbedrohte Arten des Lechtals entwickelt.

Neue Heiden entstehen

Die Kissinger Bahngruben sind seit 1974 als Naturdenkmal ausgewiesen. Angesichts ihrer Kleinflächigkeit sind sie seit jeher sehr anfällig gegenüber Störungen. Die planerischen Zielvorstellungen der Unteren Naturschutzbehörde richten sich daher auf eine Erweiterung der Bahngruben durch die Anlage von Magerrasen im Umfeld. Im Zuge des viergleisigen Streckenausbaus der Bahn wurden zur Kompensation der verursachten Eingriffe größere Entwicklungsflächen eingerichtet, um einen Biotopverbund zwischen den Bahngruben und der Kissinger Heide herzustellen. Um einen Trockenrasencharakter zu erreichen, wurden auf den Erweiterungsflächen der Oberboden abgetragen und ein Bodenrelief erzeugt, das dem der ehemaligen Wildflusslandschaft am Lech gleicht. Die Flächen wurden mit Mähgut und damit Samenmaterial der Heide geimpft und schon wenige Jahre später zeigte sich der Erfolg des Vorhabens. Mittlerweile haben sich auf großer Fläche artenreiche Wiesen entwickelt, die schon heute einen schützenswerten Charakter aufweisen.

Artenreicher Trockenlebensraum

Auf den alten Kernflächen hat sich in 170 Jahren eine äußerst artenreiche Heidevegetation eingestellt. Mit der Spinnen- und Fliegen-Ragwurz sowie dem Kleinen Knabenkraut sind mehrere Orchideen vertreten. Daneben finden sich weitere attraktive Seltenheiten wie Stängelloser Enzian und Frühlings-Enzian, Scheiden-Kronwicke,  Ästiger Schachtelhalm, Klebriger Lein oder Graue Skabiose. Besonders bemerkenswert ist auch der reichhaltige Bestand an äußerst seltenen Insektenarten. Experten fanden allein 200 Käferarten, darunter als absolute Rarität der vom Aussterben bedrohte Gestreifte Steppenrüssler. Auch bestimmte Tagfalter schätzen die warm-trockenen Offenlandlebensräume, so das Rostbraune Wiesenvögelchen, der seltene Idas-Silberfleckbläuling, der Zwerg-Bläuling oder der Rote Würfelfalter.

Die Kissinger Bahngruben wurden früher vom Arbeitskreis Heimische Orchideen betreut. Seit einigen Jahren obliegt die Pflege dem Landschaftspflegeverband.

Titelbild: Der Stängellose Enzian (Gentiana clusii) überzieht die Heideflächen an der Bahnlinie mit einem kobaltblauen Teppich. Foto: Stefan Gerstorfer

Bild oben: Der Rote Würfelfalter (Spialia sertorius). Foto: Gerhard Mayer

Bild Mitte-oben: Das Kleine Knabenkraut (Orchis morio). Foto: Adolf Fischer

Bild Mitte-unten: Die Blüten des Frühlings-Enzians (Gentiana verna), das sogenannte Schusternagerl. Foto: Stefan Gerstorfer

Bild unten: Die Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera). Foto: Adolf Fischer