Naturraum Aindlinger Terrassentreppe

Im Nordwesten des Wittelsbacher Landes bildet die Aindlinger Terrassentreppe den über 100 Meter hohen Anstieg vom Lechtal zum Tertiärhügelland. Auf einem Sockel aus tertiären Sedimenten der Oberen Süßwassermolasse lagern hier in verschiedenen Höhenniveaus treppenförmig abgestufte und terrassenartig angelegte Schotterfelder unterschiedlichen Alters. Es waren die Schmelzwässer von Ur-Iller und Ur-Lech, die hier zu allen Kaltzeiten des Eiszeitalters ihre kiesigen und sandigen Flussschotter hinterließen und im Resultat „eines der am reichhaltigsten gegliederten Quartärgebiete Mitteleuropas“ schufen, wie der Geologe Tilmanns 1983 bewundernd feststellte. Der Naturraum ist ein Paradebeispiel für eine derartige Terrassenabfolge eiszeitlicher Prägung.

Schotter über Schotter

Das nördliche Alpenvorland wurde während der vergangenen etwa 10 Millionen Jahre tektonisch deutlich angehoben. Während des Eiszeitalters brachten die alpinen Gletscher zu allen Kaltzeiten jeweils gewaltige Mengen Gesteinsschutt ins Vorland. Diese wurden dann im Abtaubereich der Gletscherzungen von mächtigen Schmelzwasserströmen aufgenommen, in einem verwilderten, vielstromigen Flusssystem weitertransportiert und auf ihrem Weg Richtung Norden in ausgedehnten Schotterfeldern wieder abgelagert. Die Kälteperioden des Eiszeitalters, von denen es mindestens sechs gab, waren im Hinblick auf die Entwicklung der voralpinen Täler Zeiten der Ablagerung, der Aufschotterung und Terrassenbildung. In den ausklingenden Kaltzeiten änderte sich dieser Formungsprozess zugunsten der Erosion. Die deutlich verringerten Schmelzwassermengen konzentrierten sich auf wenige Abflussrinnen und schnitten sich bei nachlassender Zufuhr an Geröllen und Sedimenten in die zuvor aufgeschütteten Schotterfluren ein. Auch in den nachfolgenden Warmzeiten überwogen die Kräfte der Erosion. Die Flüsse tieften sich weiter ein und räumten die begleitenden Schotterfelder aus. Entlang der Talflanken blieben Reste als Schotterterrassen erhalten.

Durch dieses erdgeschichtliche Wechselspiel von steter Hebung des Untergrunds bei gleichzeitig mehrfacher Schotterablagerung und periodischer Eintiefung und Ausräumung der Täler durch Erosion bildeten sich im Laufe des Eiszeitalters Schotterflächen auf unterschiedlichen Höhenniveaus. Landläufig wird eine solche Abfolge als Terrassentreppe bezeichnet. Im Naturraum können bis zu sieben unterschiedlich alte Terrassenglieder differenziert werden. Die ältesten Schotterflächen liegen dabei in der höchsten Position im Osten (bei Pöttmes, Handzell und Gundelsdorf). Talwärts nach Nordwesten folgen dann, jeweils eine Stufe tiefer versetzt, die nächst jüngeren Ablagerungen. Das jüngste Terrassenniveau bildet die in der Riß-Eiszeit entstandene Rainer Hochterrasse.

Die Erosion hat im Naturraum tief eingeschnittene Bachtäler geschaffen. Manche der steileren sonnenexponierten Hänge sind idealer Lebensraum für wärmeliebende Tier- und Pflanzenarten.

Die Aindlinger Terrassenlandschaft wird örtlich von ausgedehnten, mächtigen Lagen aus Löss(-lehm) bedeckt, was günstige Voraussetzungen für die ackerbauliche Nutzung bietet. Nur die exponierten, lösslehmfreien Kuppen am östlichen Rand, welche die ältesten Ablagerungen, den sogenannten  Hochschotter tragen, sind fast durchgehend bewaldet.

Titelbild: Markante Kuppe bei Edenhausen. Foto: Stefan Gerstorfer

Bild oben: Entwicklung einer eiszeitlichen Terrassenlandschaft. Die Schmelzwasserströme einer jeden Kaltzeit erodieren einen Teil der zuvor abgelagerten Schotter, schneiden sich in den tertiären Untergrund (gelb) ein und lagern neue Schotterkörper ab. Grafik: Gerstorfer, nach LfU 2009, geändert

Bild unten: Die eiszeitlichen Schotterkörper der Aindlinger Terrassentreppe: Die ältesten und höchsten Terrassen befinden sich im Osten. Nach LfU 2009, geändert